Was ist eigentlich der/ die/ das Digitaler Nomade?


Ja, die Frage hört man zur Zeit öfter. Aber was ist das, was bedeutet das, und warum das Ganze?




Eigentlich ist der Begriff Digitaler Nomade wie so oft vermutlich nichts anderes als ein Trendbegriff. Allerdings einer, der sich noch so einige Zeit halten dürfte. Vor allem auch einer, der die Bedürfnisse, Vorstellungen und Visionen übergreifender Generationen beschreibt. Und schlussendlich auch einer, der kurz und knapp das wiederspiegelt, wie das digitale Zeitalter aktuell unsere klassische Sicht auf Arbeit verändert.


Timothy Ferris - The 4 hour workweek

Der Alltime Klassiker
Für die unter Euch, die den Bestseller von Tim Ferris tatsächlich noch nicht gelesen haben: Frauentausch ausschalten und nachholen! Ernsthaft, Leute. Bildungslücke. Bitte auf Englisch lesen, gibt's zur Not aber auch auf Deutsch. Tim Ferris war einer der ersten, der einen neuen Lebenstrend der breiten Masse in einem Bestseller präsentiert hat. Er wirft in seinem Buch feste Strukturen über den Haufen, stellt Gewohnheiten in Frage und erweitert den Blick für neue Optionen, Lebensweisen und Business Modelle. Er beschreibt dabei verschiedenste Ansätze, präsentiert nicht unbedingt immer eine funktionierende Lösung für alle Themen, erweitert aber den Horizont seiner Leser in seiner witzigen und provozierenden Art und läd zum kritischen Mitdenken ein.


Castrop-Rauxel | Bangkok | Bali

Der digitale Nomade von heute arbeitet - Ihr ahnt es bereits - digital. Er nutzt das Internet, um seine Arbeit jeglicher Art digital zu verrichten. Er ist dadurch ortsunabhängig und nutzt das natürlich gnadenlos aus. Warum aus dem grauen Vorstadtbüro im verregneten Castrop-Rauxel arbeiten, wenn man die gleich Arbeit auch im Coworking Space mitten im Jungle von Bali, in einem modernen Café im hippen Viertel Sukhumvit in Bangkok oder am Pool des Hostels in Medellín verrichten kann? Die Möglichkeiten sind unbegrenzt.


Ständig auf Tour oder doch irgendwie sesshaft?

Wie jetzt genau das Reiseverhalten des Digitalen Nomaden aussieht, ist allerdings sehr individuell. Es gibt natürlich viele klassische Nomaden, die eine bestimmte Zeit an einem Ort verbringen und dann weiterziehen. Ich persönlich würde mich eher als Slow Nomad bezeichnen mit klar definierten favorisierten Rückzugsorten. Ich ziehe nicht alle 30 Tage weiter, ich versuche nicht, möglichst viele Orte in kürzester Zeit zu sehen. Ich definiere meine Freiheit anders. Ich halte mich die meiste Zeit in Chiang Mai in Thailand auf, weil es für mich hier aktuell einfach perfekt ist. Mal abgesehen von Reisen nach Europa, um Freunde und Familie zu sehen, reise ich von hier aus an die verschiedensten Orte - manchmal auch für mehrere Wochen am Stück. Meine Detailplanung bezüglich meines Aufenthaltsortes reicht oft nur wenige Wochen in die Zukunft - Langzeitverträge für Handy, Unterkunft, Fitnessstudio und Co werden müde belächelt. Flexibilität und Freiheit ist eben alles.


Mit Laptop am Strand?

Ein täglicher Ausblick: wenig Strand, dafür
viel geballte Coworking Space Energie
Eher weniger, auch wenn das auf den Fotos natürlich toll aussieht. Üblicherweise arbeitet man in Cafés und mietet tageweise einen Platz in Coworking Spaces. Mein Favorit sind Coworking Spaces, dort ist das Internet zuverlässig und es stellt sich schnell eine Routine ein, die die Ablenkung von der Arbeit reduziert. Außerdem findet man sich in einer lokalen Community aus Gleichgesinnten wieder und hat dadurch tolle Möglichkeiten zum netzwerken. Und wenn man einmal ein Problem hat und Hilfe benötigt, hat man praktischerweise vom Programmierer bis zum Grafiker viele hilfsbereite Experten jederzeit um sich herumsitzen.


Die Nomadenhotspots

Bestimmte Voraussetzungen machen bestimmte Orte für Nomaden mehr interessant, als andere. Wir suchen schönes Wetter, tolle Landschaften, stabiles Internet, interessante Kulturen, lokale kulinarische Hochgenüsse, günstige Preise und einfach Strukturen. Die Recherche für neue Orte, an denen man einmal leben möchte, findet meist mit Tools wie Nomadlist statt. Um nur einige wenige zu nennen:

Thailand

Typische Nomaden Hotspots in Thailand sind z.B. Chiang Mai, das "Silicon Valley der Nomaden" im Norden, die ruhige Insel Koh Lanta im Süden und natürlich das lebhafte und komplett verrückte Bangkok in der Mitte. Im Grunde lässt es sich aber in Thailand von überall aus arbeiten. Neue Coworking Spaces sprießen gerade im gesamten Land wie Pilze aus dem Boden.

Vietnam

Wer eine maximale Internetgeschwindigkeit benötigt, der sollte es einmal in Ho Chi Minh City (Vietnam) versuchen. Das New York von Südost Asien ist laut, dreckig, bunt, schnell und modern und ein wahrer Hotspot für Ortsunabhängige.

Bali

Etwas ruhiger geht es auf Bali zu - wer sich gerne vegan ernährt und den Morgen mit Yoga begrüßt, dürfte sich hier besonders wohl fühlen.

Philippinen 

Meinen Guide zum Arbeiten als Nomade auf den Philippinen findet Ihr hier.

Europa

Aber auch Europa kann mithalten! Lissabon in Portugal, Barcelona in Spanien und auch die östlichen Länder wie Polen gewinnen immer mehr an Bedeutung.


Ist denn auch wirklich alles Gold, was glänzt?

Morgens um 4 Uhr im Coworking Space
Nein, sicher nicht. Klar, das ortsungebundene Leben ist gut. Ziemlich gut sogar. Aber der Weg dahin ist steinig und Ihr werdet ganz sicher an die ein oder andere persönliche Grenze stoßen. Das Nomadenleben sieht nach außen hin aufregend und toll aus, hat aber auch seine Tücken.

Für mich persönlich ist es nicht so problematisch, alleine in einem fremden Land zu sein. Ich habe keine Schwierigkeiten, schnell neue Kontakte zu knüpfen und fühle mich an fremden Orten schnell wohl. Einsamkeit ist aber unter Nomaden ansonsten immer wieder ein berichtetes Thema. Ich sehe es aber eher positiv: wir sind alle in der gleichen Situation. Die sich daraus ergebende Offenheit, neue Freundschaften zu knüpfen, ist überwältigend!

Und es warten weitere Schwierigkeiten. Die nervige Hektik auf Reisen, der ständige Stress, sich an neuen Orten einfinden zu müssen, staubig-verschwitzte Tage auf dem Roller quer durch die Stadt, um eine Unterkunft zu finden und nicht zuletzt kulturelle und sprachliche Barrieren.

Zu viel Chilli-Milli führt zu nix
Aber das Schwierigste ist aus meiner Sicht, eine Alltagsstruktur zu schaffen und auch zu halten. Klar ist Ausschlafen bis zum Mittag die Krönung der Selbstgönnung. Oder ein Bier zum Mittagessen. Ständiges Reisen lenkt ab und man will ja auch ein paar touristische Ziele gesehen haben. Aber wer es nicht schafft, seinen persönlichen Rhythmus zu finden, sich selbst zum Arbeiten zu motivieren, der wird in diesem Lifestyle untergehen. Es ist eben KEIN Dauerurlaub, auch wenn die meisten Eurer Freunde das denken werden. Aber am Ende werdet Ihr belohnt mit der Tatsache, jeden Morgen im Paradies aufzuwachen!


Wer ist der typische Digitale Nomade?

Da ist vom programmierenden Freelancer, über die tiefenentspannte Yoga Bloggerin bis zum ehemaligen Business Consultant, der in neue Möglichkeiten investiert, alles mit dabei.

Der schöne Nebeneffekt digitaler Arbeit ist die Tatsache, dass diese Arbeit eben nicht an einen bestimmten Ort gebunden ist. Sie ist location independent. Zur Verrichtung dieser Arbeit benötigt man im Grunde nur seinen Laptop und zuverlässiges Internet. Verständlich, dass diese Arbeitsweise sich vor allem in digitalen Berufen mehr und mehr durchsetzt. Eine stetig wachsende Gruppe unter den Nomaden ist außerdem die der eCommerce Entrepreneure - zu denen ich mich ja auch zähle - von Dropshippern, über Alibaba Importeure bis Amazon FBA Händler ist alles mit dabei.


Mit meinem Job geht das auf keinen Fall! Oder etwa doch?

Aber wir sind halt nicht alle Designer, Programmierer, Authoren oder Marketingexperten. Wir müssen brav jeden Morgen ins Büro. Oder? Wirklich? Denkt mal darüber nach. Was, wenn es eine Möglichkeit gäbe, jegliche Kommunikation zuverlässig zu gestalten, egal wo Ihr Euch gerade aufhaltet? Ist unsere Anwesenheit im Büro wirklich so zwingend notwendig? Klar, Cheffe hätte das gern. Aber regeln wir nicht heute schon einen Großteil unserer Arbeiten digital - per Telefon, per Skype, per Teamviewer Screenshare und vor allem per Email? Spinnt den Gedanken mal weiter, muss überhaupt jemand wissen, dass Ihr weg seid? Die Auflösung gibt's hier!

Natürlich gibt es auch klassische Präsenzberufe: der Arzt, der Anwalt oder der Verkäufer im lokalen Geschäft wird seine gewohnte Tätigkeit nicht einfach digital verrichten können. Wollen Personen aus diesen Berufen digital arbeiten, müssen sie sich meist komplett neu orientieren. So wie ich es als approbierter Apotheker im Grunde über die Jahre getan habe. Aber allen anderen bieten sich ungeahnte Möglichkeiten, wenn Sie es erst einmal geschafft haben, Chef, Mitarbeiter und Kunden davon zu überzeugen, dass sie die Arbeit von überall verrichten können. Hier empfiehlt sich ein schleichender Prozess. Ob Angestellter oder Freelancer - Ihr müsst Euer Umfeld langsam daran gewöhnen, dass Ihr digital verfügbar seid. Letztlich liegt es Euch - schafft Ihr es, mit Leistung trotz Ortsabwesenheit zu überzeugen, wird Euch die Argumentation einfacher fallen. Was ist Euch die Freiheit wert? Drei Homeoffice Tage pro Woche für eine 20%ige Gehaltskürzung? Why not! Seid kreativ!


Kann man davon leben?

Damit der Plan Realität wird!
Aller Anfang ist natürlich schwer. Wer à la "Die Auswanderer" mit üppigen 1200 € in der Tasche die Welt erobern will, dem ist nicht zu helfen. Wenn ihr noch keinen Job habt, der einfach digital ausführbar ist, macht eine solide Planung, habt immer ein finanzielles Backup und im besten Fall einen Plan B. Seid kreativ und flexibel. Der Übergang ist das Allschwierigste und der Punkt, an dem die meisten scheitern. Wer ernsthaft in Erwägung zieht, sein Leben in Richtung location independent zu verändern, dem sei das Buch "The Escape Manifesto" wärmstens empfohlen (gibt's auf Englisch oder Deutsch).
Langfristig werdet Ihr damit unabhängiger - auch finanziell. Denn als Nomade ist es viel einfacher eine Summe zu verdienen, von der es sich gut leben lässt und viel einfacher, Geld zurückzulegen. Für Thailand lebt es sich zum Beispiel bereits ab 800€ im Monat ziemlich gut und mit dem zweifachen Betrag wie Gott in Frankreich.


Aber warum zur Hölle?

Ja das warum ist die entscheidende Frage. Hat wohl ein wenig etwas mit der eigenen Persönlichkeit zu tun. Folgt Ihr Regeln blind oder stellt Ihr sie in Frage? Seid Ihr der Meinung, Glück kommt zu Euch oder entscheidet Ihr Euch für Glück?

In einer Zeit aus Reizüberflutung und Informationsüberschuss ist es leicht, in dem täglich nie endenden Facebook Threat seinen willenlosen Trott zu finden, sich dem Gemecker hinzugeben und Möglichkeiten zu übersehen. Ist mir auch schon passiert und die Versuchung ist auch immer wieder groß, der Herde hinterherzurennen, gewohnte Bahnen nicht zu verlassen und das tägliche Handeln strikt in der eigenen Comfort Zone zu betreiben. Aber: bringt uns langfristig nicht weiter. Wer glücklich sein will, muss etwas dafür tun, herausfinden, was die persönlichen Faktoren zum dafür sind. Das Leben als Digitaler Nomade ist nicht die Ultimativlösung für jeden, aber mit Sicherheit für einige.


Glücklich sein heißt für mich, Freiheit zu haben

Fakt ist, der Lebensstil als Nomade bringt viele Vorteile. Und auch eine light Version des Nomadentums könnte dem ein oder anderen ein gewaltiges Glücksgefühl in den Alltag zaubern, raus aus dem sinnlosen 9 to 5 Hamsterrad.


Kann so aussehen, muss es aber nicht! ;)


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